-OLG Frankfurt am Main Beschl. 21.12.2023-
Obwohl die Berufsordnung Ärzten verbietet, Vorteile oder Geschenke von Patienten anzunehmen, entschied das OLG Frankfurt am Main, dass eine Frau ihren behandelnden Arzt als Erben einsetzen kann. Das Verbot sei verfassungskonform auszulegen. Die Erbeneinsetzung führe demnach nicht zur (Teil-) Nichtigkeit des Testaments, so das OLG.
Im vorliegenden Fall setzte eine später verstorbene Frau ihren zu Lebzeiten behandelnden Arzt in ihrem Testament neben Freunden und Verwandten zum Miterben ein. Sie legte ihm das Testament vor und bat darum, dass er ihre Testierfähigkeit bestätigt. Dieser Bitte kam der Arzt nach und wurde Miterbe. Nach dem Tod der Frau stellte der Arzt bei Gericht einen Antrag auf Erteilung des Erbscheins. Damit war er jedoch nicht allein: Zwei weitere Miterben forderten einen Erbschein an. Einer von ihnen hielt die Erbeinsetzung des Arztes und damit auch das Testament teilweise für unwirksam, beanspruchte also einen größeren Teil des Erbes für sich.
Die erste Instanz, das Amtsgericht (AG) Kassel gab dem Miterben überwiegend Recht. Das Testament sei teilweise nichtig wegen Verstoßes gegen die Berufsordnung der hessischen Ärztekammer (BO-Ä). § 32 BO-Ä verbietet es Ärzten, von Patienten Geschenke oder andere Vorteile anzunehmen oder sich versprechen zu lassen, wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird.
Das OLG hob die Entscheidung auf, da die Nichtigkeitsfolge einen „unangemessenen Eingriff in die Testierfreiheit“ darstelle.
„Zwar sei § 32 BO-Ä ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB, ein Verstoß gegen dieses habe also grundsätzlich die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge. Jedoch schütze § 32 BO-Ä nicht denjenigen, der das Testament errichtet. Die Vorschrift richte sich vielmehr in erster Linie an den behandelnden Arzt als Mitglied der Ärztekammer. Ein gegen Testierende gerichtetes Testierverbot sei darin aber nicht enthalten“. „Eine solche Auslegung würde einen unangemessenen Eingriff in die durch [das Grundgesetz] geschützte Testierfreiheit darstellen“, so das Landgericht.
Das OLG ließ die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zu, da über diese Auslegung noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei.