Eine übliche Nebenwirkung ist kein Indikator für einen Impfschaden. Auch dann nicht, wenn es sich um eine ausgeprägte Impfreaktion handelt. Das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg am 28. April 2022 (Az.: L 6 VJ 254/21) entschieden.
In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt, klagte eine 56 jährige Frau, die im Dezember 2015 gestürzt war und sich dabei eine Wunde und eine Prellung zugezogen hatte. Noch am selben Tag wurde sie mit einem Kombinationsimpfstoff gegen Tetanus, Diphterie und Keuchhusten geimpft. In der Folge bildeten sich an der Einstichstelle auf ihrer linken Schulter ein sogenanntes Granulom, eine knötchenförmige Gewebeneubildung, die durch Ansammlung von Fresszellen des Immunsystems entsteht.
Das beklagte Land Baden-Württemberg erkannte mit Bescheid vom Juni 2017 als Folge einer Impfschädigung eine leicht verhärtete druckschmerzhafte Fläche im Bereich des Schultermuskels und unterhalb dessen eine rot-bläulich verfärbte Verhärtung, an. Für eine Beschädigtengrundrente reiche das aber nicht aus, da -nach Ansicht des Landes- der Grad der Schädigung nicht hoch genug war.
Mit ihrer Klage hatte die Klägerin vor dem Sozialgericht Stuttgart Erfolg. Das Landessozialgericht hob die Entscheidung jedoch auf.
Danach lag bereits das Land Baden-Württemberg mit der Anerkennung eines Impfschadens falsch. Die Anerkennung eines Impfschadens, so das LSG Baden-Württemberg, setze grundsätzlich voraus, dass eine Impfreaktion ärztlich dokumentiert werde, über eine bloße übliche Nebenwirkung hinausgehe und dass es letztlich zu einer Funktionsstörung komme.
Bei der Klägerin waren die gesundheitlichen Veränderungen in keiner Weise ärztlich dokumentiert worden. Auch habe bei der Klägerin bereits vor der Impfung eine ängstlich-depressive Symptomatik mit Ausbildung von Konversionssymptomen bestanden.